Arbeitskreis Industriekultur in Baden – Heimatgeschichte im Wandel

Der Arbeitskreis wurde 2011 im Landesverein Badische Heimat als Reaktion auf den Wandel von der Produktions- auf die Dienstleistungsgesellschaft ins Leben gerufen. Der seit den 1980er Jahren verstärkt sich fortsetzende Umbruch verwandelte Industrielandschaften in Industriebrachen – und in museale Flächen. Dies führte inhaltlich die Wahrnehmung der Badischen Heimat auf ihre Ursprünge zurück: Sie wurde in einer Zeit gegründet, als die ländlich und naturräumlich geprägte Landschaft und Gesellschaft Badens zu einer Industrie untergeordneten Landschaft und Gesellschaft umgebrochen wurde.

Unbestritten hat sich der Begriff „Heimat“ als Rückzugsraum vor den Zumutungen von Technik und Industrie gelöst. Zur „Heimat“ gehört mittlerweile das Erbe der Industrialisierung und Technisierung.
Eng verbunden mit dem Heimatbegriff ist eine gewandelte Landschaftsgeschichte. „Technotope“, wie der Technikphilosoph und Ingenieur Günter Ropohl unsere technisch geprägten Landschaften nennt, sind kompatibel mit Heimat. Die Verkehrswege von Auto, Bahn und Flugzeug haben die Landschaft in Baden nachhaltig verändert. Und dies in einem Ausmaß, das nach derzeitigen Vorstellung nicht mehr umkehrbar ist. Die Zeichen stehen vielmehr auf Vertiefung der Eingriffe in die Landschaft.

Der industrielle Umbruch sowohl zu Anfang des letzten Jahrhunderts wie auch gegen dessen Ende schließt die kulturellen Traditionen mit ein. Regionale kulturelle Identitäten – Brauchtum, Feste, Trachten, aber auch Lebensstile – standen noch in den 1920er Jahren im Mittelpunkt des Interesses. Heute haben sie weithin ihre identitätsstiftende regionale und lokale Wirkung eingebüßt.

„Heimat“ hat immer auch eine politische Dimension. In dem vorliegenden Kontext sei an den Widerstand gegen das geplante Kernkraftwerk Wyhl 1974 erinnert; an die staatliche Förderung technologischer Innovationen und deren Ansiedlung; an die Rolle der Städte und Gemeinden bei der De-Industrialisierung. Dazu kommt eine Besinnung auf das natural Erhaltenswerte, die gerade in Baden mit ökologischen Inhalten gefüllt und politisiert wurde und wird.
Die Geschichte von Arbeit und Arbeitern, von den Veränderungen der Lebenswelten, die sich mit der Industrialisierung ergaben, der gewandelte Alltag in den „Technotopen“ der modernen Welt kamen in den Blick. Ansätze einer neuen Regionalgeschichte im Industriezeitalter, wie sie oben genannt wurden, sind vor allem in Südbaden, an den Universitäten Konstanz und Freiburg i. Br., schon in den 1970er Jahren entwickelt worden. Inzwischen ist die Alltagsgeschichte der industrialisierten Welt zum festen Kanon der Geschichtswissenschaften geworden.

Dr. Volker Kronemayer