Reformprojekt Bodman

Am 21./22. Juni 2016 fand in Bodman am Bodensee auf Initiative des Landesvereins Badische Heimat in der Tagungsstätte Farrenstall eine Reformtagung statt. Mitveranstalter war der Schwäbische Heimatbund. In Vorträgen und Diskussionen ging es um Fragen der Entwicklung der Heimatvereine in historischer, aktueller und einer zukünftigen Perspektive. Angesichts rückläufiger Mitgliederzahlen, dem Bedeutungsverlust des klassischen Ehrenamtes, zunehmender Mobilität, der fortschreitenden Digitalisierung der Lebenswelt sowie eines veränderter Partizipationsverhaltens junger Menschen, wurden Vorschläge diskutiert, um die Heimatvereine an die künftigen gesellschaftlichen Herausforderungen anzupassen. Im Anschluss an die Tagung und die dort erörterten Probleme entwickelte ein dreiköpfiges Bodman-Team (Heinrich Hauß, Prof. Dr. Gerd F. Hepp und Prof. Dr. Paul-Ludwig Weinacht) im Auftrag des Vorstands des Landesvereins ein Reformkonzept zur Modernisierung des Landesvereins. Es umfasst ein 6 Punkteprogramm, über dessen Umsetzung sowohl vom Vorstand als auch der Mitgliederversammlung anschließend ein entsprechender Beschluss gefasst wurde. Im Mittelpunkt stehen die Arbeitsbereiche Öffentlichkeit, Kooperationen, Regionalgruppen und Internetauftritt. Die Vorträge der Tagung in Bodman sowie das 6 Punkteprogramm wurden in den Heften 3 und 4 / 2016 der Badischen Heimat dokumentiert und abgedruckt.

Bodman-Reformkonzept: Sechs-Punkte-Programm zur Anpassung des Landesvereins

1. Geschäftsstelle des Landesvereins

Die Koordination der Führungs- und Anpassungsaktivitäten in der Geschäftsstelle obliegt dem Landesvorsitzenden. Zu den Aktivitäten, die in der Zentrale geplant, organisiert und koordiniert werden müssen, gehören neben den satzungsmäßigen Aufgaben die außerordentlichen Aufgaben des Anpassungsprogramms. Dessen operative Umsetzung obliegt einem „Beauftragten“ und zwei Mitarbeitern, denen bestimmte Arbeitsbereiche übertragen werden. Prozess und Ergebnisse der Umsetzung werden vom Team Bodman beobachtet und evaluiert. Im Mittelpunkt des Reformprozesses stehen die Arbeitsbereiche Öffentlichkeit, Kooperationen, Regionalgruppen und Internetauftritt.

2. Mitgliederstruktur

Um neue Mitglieder zu gewinnen, sind auf allen Ebenen geeignete Aktivitäten zu entwickeln. Zielgruppen sind die „Jungen Senioren“ sowie die Angehörigen der mittleren und jüngeren Generation. Dabei sind die gewandelten Formen des bürgerschaftlichen Engagements und des medialen Nutzerverhaltens zu berücksichtigen. Strategisch bedeutsam ist hier insbesondere die regionale und lokale Ebene. Zur Mobilisierung jüngerer Mitglieder sollte die Kooperation mit schulischen und außerschulischen Einrichtungen, mit Lehrerkollegien und Fachlehrern, gesucht werden. Auch die gezielte Nutzung digitaler Medien sollte bedacht werden.

3. Regionalgruppen

Die Vereinsarbeit muss künftig schwerpunktmäßig auf der regionalen und lokalen Ebene, also der Arbeitsebene der Regionalgruppen, stattfinden: In den Städten, Landkreisen, Regionen und Eurodistrikten am Oberrhein. Zwischen den Regionalgruppen ist ein kontinuierlicher Erfahrungs- und Meinungsaustausch wünschenswert. Hierfür sollte die Zentrale ( d. h. der Beauftragte und seine Mitarbeiter) Beratung und Hilfestellung bieten, etwa durch die Organisation von Tagungen. Mittel- bzw. langfristig sollten auch in Problem- oder „Diasporagebieten“ (Hegau, Bodensee, Hochrhein, Bauland, Odenwald, Tauberland) Neugründungen versucht werden. Die Präsenz in der lokalen und regionalen Presse ist von zentraler Bedeutung. Traditionelle Formen wie Vorträge, Exkursionen, Führungen, Preisverleihungen oder Ehrungen bleiben wichtig. Darüber hinaus sollten die Regionalgruppen sich auch zivilgesellschaftlich engagieren. Regional- und lokalpolitische Anlässe und Belange können hierfür eine öffentlichkeitswirksame Plattform bieten. Dafür gilt es, vor Ort Kooperationspartner zu gewinnen. In der Zeitschrift BH sollte über die Aktivitäten der Regionalgruppen regelmäßig berichtet werden.

4. Kooperationen

Kooperationen sind auf allen Arbeitsebenen wichtig. Sie lassen sich kontinuierlich oder fall- und projektbezogen pflegen. Infrage kommen Einrichtungen und Institutionen des öffentlichen und privaten Sektors mit ähnlicher Zwecksetzung, also mit landeskundlicher, landeskultureller, natur- und umweltbezogener Ausrichtung. Dazu gehören die Regierungspräsidien, die Land- und Stadtkreise, die Eurodistrikte; die überregionalen Heimatvereine, die regionalen und lokalen Geschichtsvereine; Kreis- und Stadtarchive, städtische Kulturämter und Museen. Ferner die grenzüberschreitenden Kontakte zu Vereinen und Institutionen im Elsass und der Nordwestschweiz. Im neu zu schaffenden „Arbeitsbereich Kooperationen“ der Zentrale sollten konzeptionelle Vorschläge für die künftige Praxis entwickelt werden, in der Zeitschrift sollte regelmäßig über entsprechende Aktivitäten berichtet werden.

5. Digitale Präsenz/Homepage

Angesichts der veränderten Mediennutzung sollte neben den bewährten Printmedien dem Internetauftritt des Landesvereins künftig eine verstärkte Bedeutung zukommen. Dies erfordert eine regelmäßige Pflege und Aktualisierung der Homepage. Diese Aufgabe ist künftig ausschließlich der Geschäftsstelle vorbehalten, die für alle Einträge und Verweisungen (Links) verantwortlich zeichnet. Für die Ersteinrichtung (3000.- EURO) und für die laufende Pflege (anfangs 3, dann 2 x 4 Stunden wöchentlich) sind die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen. Die neuen Medien (blogs, Newsletter u.a.) sollten für die Profilierung der Aktivitäten der Regionalgruppen und des Landesvereins auf der überregionalen Ebene genutzt werden. Es sollte auch versucht werden, auf diesem Weg neue Mitglieder zu gewinnen.

6. Neubeheimatung

Mobilität und Migration sind seit Jahrzehnten Faktoren von enormer gesellschaftlicher Prägekraft. Immer mehr Menschen haben heute, biografisch bedingt, mehrere „Heimaten“, denen sie sich in je verschiedener Weise zugehörig fühlen. Beheimatung der Neuzugezogenen in der Region, in Baden, in Deutschland ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die man insbesondere in den urbanen Zonen, d. h. vor allem auf der Ebene der Regionalgruppen angehen sollte. In Kontakt oder auch Kooperation mit kommunalen Ausländer- und Integrationsbeauftragten oder auch mit ausländischen Verbänden oder Kulturvereinen könnten entsprechende Möglichkeiten und Chancen sondiert, Angebote erörtert und auch die Beteiligung der BH an öffentlichen Förderprojekten erwogen werden.

Team Bodman: Heinrich Hauß – Prof. Dr. Paul-Ludwig Weinacht – Prof. Dr. Gerd F. Hepp