Gabriele Hennicke, Echte Schwarzwälder. Geschichten vom Königstiger bis zur Gartengräfin
Gabriele Hennicke, Echte Schwarzwälder. Geschichten vom Königstiger bis zur Gartengräfin, Rombach Verlag Freiburg 2020, 167 Seiten mit zahlreichen Farbfotos. kartoniert. ISBN 978-3-7930-5193-0. € 18,-
Als Redakteurin der Zeitschrift des Schwarzwaldvereins ist Gabriele Hennicke beruflich mit dem Schwarzwald eng verbunden. Darüber hinaus erkundet sie die menschliche Seite der Gebirgslandschaft, die immer schon besondere Typen oder Originale hervorgebracht hat. „Echte Schwarzwälder“ ist schon ihr zweites Buch mit Portraits lebender Personen mit kreativen und spannenden Lebensentwürfen. Alle 25 werden mit Namen genannt und in Wort und Bild in ihrem Umfeld vorgestellt. Etliche haben auf der Basis familiärer Traditionen kleine innovative Unternehmen gegründet wie der „Käsekuchenkönig“, der seine Karriere auf dem Rappenecker Hof begann; ein anderer reüssierte mit der Schwarzwaldversion einer japanischen Soja-Würze; eine Agrarbiologin widmete sich nach 20 Jahren Dienst in der Entwicklungshilfe dem heimischen Garten in der Ortenau, erweiterte ihn zur Verveine-Plantage und liefert köstlichen Tee. In Wagenstadt hat eine Chemietechnikerin ein Gartenparadies geschaffen, aus dem sie den Herblzheimer Markt und die Kräutermanufaktur des Vereins „Kräuterland Baden-Württemberg“ bedienen kann. Auf dem Belchen traf die Autorin einen Wanderschäfer. Ein Küfer oder Fassmacher und ein Schumacher, der kunstvoll alte Schuhe restauriert, stehen für altes Handwerk; in Grafenhausen arbeitet ein vielgefragter Holzbildhauer, der auch Workshops anbietet; ein Möbelschreiner verzaubert den Balken aus alten Schwarzwaldhöfen in schmucke neue Möbelstücke.
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Schwarzwaldhöfe mit ihren markanten Namen kommen immer wieder vor: Hugenhof und Wunderlehof bei Hinterzarten im Kapitel über Georg Thoma, der Raimartihof, an dem die Biographie einer unehelichen Mutter festgemacht ist, der Fixenhof in Schuttetal, wo sich die Hausherrin als Seifensiederin einen Namen gemacht hat, der Gummenhof am Kandel als Heimat eines erzählfreudigen Motorsägenhändlers. Ausführlich hat sich Gabriele Hennecke auf zwei Bauernhöfen umgesehen: Auf dem Stecklehof im Münstertal werden die im Südschwarzwald heimischen geländegängigen Hinterwälder Rinder gehalten, auf dem Deisenhof bei Titisee die etwas größeren Vorderwälder. Dieses Anwesen ist seit 14 Generationen in der Hand der selben Familie, steht mit 50 Milchkühen, vier Ferienwohnungen und eigenem Wald betrieblich gut da und bewirtschaftet die Flächen von zwei Nachbarn die aufgegeben haben. Für eine Erfolgsgeschichte stehen auch die Initiatoren der Elektrizitätswerke Schönau, die als bürgereigene Genossenschaft Ökostrom anbieten. Die Autorin führt ihre Leser auch in die Wildheit des Waldes am Beispiel eines Wutach-Rangers und eines Försters, der weiß, wo die Rothirsche stehen. Die Gartengräfin aus dem Buchtitel ist die Tochter der Iris-Züchterin Gräfin Zeppelin in Laufen, der Königstiger ist ein Traktor, gefahren von dem Kabarettisten Martin Wangler alias Fidelius Waldvogel. Ganz kam die Autorin nicht am Bollenhut vorbei. Ihre Geschichten klingen echt, lesen sich flott und sind gut recherchiert.
Renate Liessem-Breinlinger